Das Holocaust Denkmal in Bukarest

Gesamtansicht

Statement

„When attitude becomes form”, sagt Harald Szemann in Bern, 1964. Es ist ein der bekannten, ewig perpetuierten Form entgegen arbeiten, um so der banalisierten emotionalen Kraft wieder Ausdruck zu verschaffen. Meine Arbeiten sind das Artikulieren der Empfindungen, Erfahrungen und Konzepte, so dass Spannung zwischen dem nicht Artikulierten und dem Ausgesprochenen entsteht. Somit sollen diese Werke, den aus dem Bewusstsein des Publikums verschwundenen Gedanken des Denkmals, frei und von komplexer Bedeutung, wieder in Erinnerung bringen. Diese Skulpturen beziehen sich auf die von mir miterlebten Ereignisse des Zweiten Weltkriegs.

Ein neues Konzept der urbanen Skulptur

Das von Peter Jacobi in Bukarest errichtete Holocaust-Mahnmal schlägt eine Architektur für ein kollektives Gedächtnis vor, in dem Versuch, eine tragische Vergangenheit in ein ästhetisches Register zu bringen. Das Denkmal ist auch ein persönliches Archiv, in dem Elemente der künstlerischen Entwicklung dieses Bildhauers identifiziert werden können.

Der Betrachter folgt einem von konzeptuellen Wegmarken markierten Weg, auf dem der Übergang vom Konkreten zum Abstrakten das Bemühen um Erinnerung unterstützt.

Durch das Einfügen filmischer Elemente hinterfragt der Künstler die traditionelle Vorstellung von Kunst für den öffentlichen Raum und schlägt neue Formen der Interaktion mit dem Ort vor. Die Skulpturelemente selbst wurden als Prozess gedacht:
Die bewusste Veränderung der Sinnesdaten des Betrachters evoziert den abrupten Untergang des Lebens und die physische Wahrnehmung des Zeitablaufs kurz vor dem Tod. Der Künstler hat bewusst eine Säule als Teil des Denkmals gewählt, da die Bedeutung dieses Elements in Rumänien, einem Land, das eine der berühmtesten Säulen der Welt beheimatet, vielfältig und weithin bekannt ist.

Als Schnittstelle zwischen bildender Kunst, Skulptur, Stadtplanung und gesellschaftlicher Kommunikation konzipiert, bietet dieses Mahnmal die Basis für eine Auseinandersetzung mit der Inbesitznahme und Transformation des öffentlichen Raums. Das Überschreiten von Grenzen in seiner Herangehensweise an Konzepte sowie Formen prägt die künstlerische Aussage des Autors.

Magda Predescu

Realisierung

Platz für das Holocaust Memorial in Bucharest,

ehemaliges Innenministerium. Aus diesem

Gebäude gingen zu Kriegszeiten die Befehle zur

Deportation der Roma und Juden nach

Transnistrien aus.

Pläne zentrales Hauptgebäude, Seitenansicht, Vorderansicht.

Modelle für Holocaust Denkmal 

Zentraler Gedenkraum, Innenansicht mit Lichtreflektionen (Studie).

Lichtreflektionen: Modell vor meinem Atelier

Davidstern (Modell)

Davidstern-Atrappe. Vorstudien zum Sonnenstand. 2006/2007.

Davidstern (Modell)

Frühe Zeichnungen (Studie).

Model für zentrales Gedenk Gebäude (Studie).

Herstellung der einzelnen Module für Säile der Erinnerung.

Fundament für Säule der Erinnerung.

Aufbau Säule der Erinnerung.

Einzelmodul Säule der Erinnerung.

Arbeiterteam

Gedenktafel Holocaust Memorial 2009

Treppenanlage 

Spiegelung im Glas von Vorderseite nach hinten

Jüdische Grabsteine aus Odessa.

1941 hat die rumänische Armee,

 Odessa besetzt. Hierbei  wurde ein jüdischer Friedhof

zerstört und die Grabsteine wurden per Zug als

Baumaterial nach Rumänien geschickt. Eine größere Anzahl dieser

Grabsteine wurden von der jüdischen Gemeinschaft in Bukarest

gerettet und auf einem Friedhof in Bukarest

ausgestellt. Mir wurde angeboten, eine Auswahl dieser Steine in einer

Lapidarium-ähnlichen Kammer auszustellen. Die schwarzen Spiegel

reflektieren die Rückseiten der Grabsteine, und lassen es so zu einer

künstlerischen Installation werden

In diesem Lapidarium sind jüdische Grabsteine ab dem

16. Jahrhundert bis in die Jugendstilzeit ausgestellt. So ist dadurch

die langjährige Besiedlung durch Juden in Rumänien dokumentiert.

Auch hier sind die schwarzen Spiegel Teil der künstlerischen

Installation.

Lichteinfall an der Wand. Ein Stahlband, auf dem jüdische und Roma

 Vornamen eingelagert sind, umgeht dem

zentralen Gedenkraum. Wenige Namen stehen stellvertretend für 

die große Anzahl der Opfer.

Laser-Perforierte Roma – Vornamen in Stahlplatten

Ich bekam die Möglichkeit die Transportlisten der jüdischen und

Roma-Menschen nach Transnistrien, das damals zu Rumänien gehörte

einzusehen. Die Auswahl der jüdischen und Roma-Vornamen ist

 typisch für die zwanziger und dreißiger Jahre in Rumänien.

 

Innenansicht des zentralen Gedenkraumes, mit Besuchern. Die Schlagschatten der durchbrochenen Decke

werden auch auf dem Boden reflektiert

Unter gewissen Positionen des Sonnenstandes wird die Decke des Raumes auf der polierten Granitfläche reflektiert. 

So entsteht die Illusion eines tieferliegenden leeren Raumes.

Säule der Erinnerung: Gesamtansicht

Die zwei Dreiecke, die den Davidstern bilden, sind hier räumlich hochgestellt und zu dem Sonnenstand am 8. Oktober,

Tag des Rumänischen Holocausts, ausgerichtet.

Ab Juni bis Oktober formiert sich der Schatten immer genauer, bis zur perfekten Abbildung jeweils am 8. Oktober.

An diesem Tag ist der Schlagschatten des Davidsterns in dreifacher Weise zu sehen (siehe linkes Bild)

 

Via Dolorosa

Den Roma-Opfern gewidmete Ring-Skulptur.

Epitaph, Stahl und angesaegte Bruchsteine,  75 X 212 x 405 cm

Der staehlerne Container wird hier nicht als pur geometrische und minimalistische Form gesehen. In dem katafalkartig erscheinenden Behaelter stellen die Steine Masse im doppelten Sinne dar: Schwere und Vielzahl. Die Steine – auch anstatt Koerper – Masse von Koerpern, von Baggern geschobene Haufen. Die Individualitaet des Einzelnen bleibt in der gefassten Masse ablesbar.

Eröffnung des Monumentes am 8. Oktober 2008

Auszug aus der Eröffnungsbroschüre

Vorübergehender, bleib vor diesem Denkmal stehen und erinnere dich. Mehr als alles andere stellt es einen Appell an die Würde der Erinnerung dar. Wenn der Feind, trotz seiner militärischen Niederlage, aus dem Gedächtnis verschwände, würde er seinen Krieg gegen die Opfer gewinnen.

Auch wenn du später geboren wurdest, öffne deine Erinnerung für die, die du von deinen Vorfahren geerbt hast. Du wirst Schmerz empfinden, aber keine Scham. Scham gehört nur der Vergangenheit.

Denn in jenen Zeiten, in den Zeiten der Finsternis, als Nazi-Deutschland viele Länder beherrschte, darunter auch deines, wurde das jüdische Volk, einschließlich deiner selbst, zu Demütigung, Leid, Folter, Vertreibung und Tod verurteilt.

Ja, sechs Millionen menschliche Wesen, Männer, Frauen und Kinder, zukünftige Nobelpreisträger, die vielleicht unheilbare Krankheiten hätten heilen können, verschwanden durch den Willen der Mörder. Die meisten von ihnen starben in Gaskammern, andere in Massengräbern oder durch Hunger und Krankheit in Ghettos. Dies geschah aus jenem uralten antisemitischen Hass. Andere Faktoren trugen dazu bei, sicher. Aber ohne Antisemitismus hätte Auschwitz nicht existiert.

Hier, in diesem wunderbaren Land, auch in Transnistrien, unter dem verbrecherischen Regime von Antonescu, Verbündeter Berlins, erlitten Hunderttausende Juden Verfolgung und wurden in blutigen Pogromen ermordet. Sie konnten nicht auf den Schutz von Polizei und Armee hoffen, denn gerade diese verkörperten die Gefahr. Fast überall wurde die Menschlichkeit mit Füßen getreten. Und eure politischen Führer hatten den Mut, dies anzuerkennen, indem sie die Schlussfolgerungen der internationalen Historikerkommission akzeptierten. Dieses Denkmal ist ein konkreter Ausdruck dieser Anerkennung. Es ehrt eure Nation.

Darum, erinnere dich, Vorübergehender: In jenen Jahren wurde zum ersten Mal in der Geschichte die bloße Existenz zu einem Kapitalverbrechen. In den Augen des Feindes, wenn ein Jude geboren wurde, musste er sterben.

Dieses Denkmal wird dir helfen, wie auch uns allen, dafür zu sorgen, dass die Vergangenheit der Älteren nicht zur Zukunft der Jungen wird.

Elie Wiesel

Friedensnobelpreisträger

Prof. Peter Jacobi
Im Steinernen Kreuz 35
D-75449 Wurmberg
Tel: +49 7044 432 64
Mobil: +49 174 32 444 01
E-Mail: jacobi@gmx.li