Peter Jacobi

Erinnerung und Gedächtnis sind die Leitthemen des Bildhauers und Fotografen. In seiner Kunst sucht er danach, der Erinnerung und dem Gedächtnis eine Stütze zu geben, deren Verlust zu integrieren und eine ästhetische Form dafür zu finden Reliefs und Fotografien, die annähernd 60 Schaffensjahre des Künstlers umfassen, formieren sich zu einem Reflexionsraum, der ein kontinuierliches und vielschichtiges Nachdenken über Identität und Erinnerung, vergangene, vergehende und verbleibende Zeit beinhaltet. Peter Jacobi, 1935 in Ploies¸ ti (Rumänien) geboren, gehört einer Generation an, deren Kindheit und Jugend maßgebend von den Ereignissen und Erlebnissen des Zweiten Weltkriegs und dem folgenden Kalten Krieg geprägt ist. In seiner Kindheit erlebt er die Wirren des Kriegsendes und die Verhaftung des Vaters, der Fabrikdirektor bei den Malaxa-Werken in Bukarest war – eine der größten Industriegruppen Südosteuropas in der Zwischenkriegszeit.

Er erfährt die Deportation einiger Familienmitglieder zur Zwangsarbeit in die UdSSR und die Repressalien gegen die Rumäniendeutschen durch die neue kommunistische Staatsführung in den Folgejahren. Von 1955 bis 1961 studiert Peter Jacobi Bildhauerei an der Kunstakademie Bukarest. Mitte der 1960er-Jahre entwickelt er gemeinsam mit seiner damaligen Lebensgefährtin, der Künstlerin Ritzi Jacobi, die er 1966 heiratet, eine bahnbrechende Praxis in der textilen Kunst, die seinen künstlerischen Werdegang prägt.

1970, nach der Teilnahme an der Biennale in Venedig, wandern Peter und Ritzi Jacobi nach Deutschland aus, wo sie für weitere zehn Jahre ihr gemeinsames Schaffen fortsetzen. Seit 1971 lebt und arbeitet er in der Nähe von Pforzheim. 1Luis Buñuel: Mein letzter Seufzer. Erinnerungen, Berlin (Alexander Verlag), 2004, S. 13. Dort erhält er 1971 eine Professur an der Hochschule für Gestaltung, an der er bis 1998 lehrt und deren Profil er maßgeblich mit beeinflusst hat.

Als Künstler, der die Macht entgegengesetzter politischer Ideologien erlebt hat und reflektiert, verbindet er das zutiefst menschliche Anliegen der Erinnerungsarbeit mit einer künstlerischen Sprache, deren unverwechselbare Bildlichkeit ein beeindruckendes Panorama autobiografischer, generationsspezifischer, kultureller und historische Bezüge erschafft und deren humanistischer Hintergrund über die Zeiten Gültigkeit hat. In seiner Komplexität erscheint Peter Jacobis Werk auf den ersten Blick heterogen, ja verwirrend vielfältig. Ein reiches künstlerisches Repertoire an Materialien und Formensprachen paart sich mit einer autonomen Handhabung kunsthistorischer Stile. Sein Handlungsraum umfasst unterschiedliche ineinandergreifende Medien: von der Bildhauerei und Textilarbeiten über die Fotografie bis hin zu einem umfassenden Begriff von Installation. Elemente der Arte Povera, der Land- und Minimal Art und der Spurensicherung spiegeln sich in seinem Werk ebenso wider wie die Begeisterung für Constantin Brâncus¸ i und die konstruktiv-kubistische Skulptur.

Doch der erste, leicht irritierende Eindruck auf das Werk täuscht, denn: die chronologische Entfaltung seiner Kunst macht schnell deutlich, wie schlüssig sich die einzelnen Werke und Werkgruppen zu einem durchgängigen Tonus verbinden. Und sie zeigt, wie konzentriert Peter Jacobi seine Themen umkreist, sie in neue Materialien übersetzt, pointiert, Schwerpunkte setzt und verlagert, sodass jede Arbeit wie ein leuchtender Faden in einem großen, stimmigen Flechtwerk erscheint